therapeutisches Zeichnen - Bilder des Unbewußten




Therapeutisches Zeichnen wird sowohl in der institutionellen Beratung als auch in der Psychotherapie verwendet. Es ist hilfreich bei Kindern und auch bei Erwachsenen. Es können konflikthafte Konstellationen erstmal auf einer nonverbalen Ebene und dann bezugnehmend auf die Zeichnung auch im Gespräch bearbeitet werden.
Der Untertitel 'Bilder des Unbewußten' weist auf die unbewußten Anteile hin, die sich in jeder Zeichnung finden lassen und die Deutung stark bestimmen.
 
 
der Anfang
 
Wir haben als Kinder gezeichnet: Ein Baum war ein Baum, ein Haus war ein Haus. Es gab keine Zweifel an der Bedeutung und kein Verzagen, ob des künstlerischen Wertes. Es war eine Sprache neben der verbalen Sprache.
Und das ist es im therapeutischen Setting ebenfalls. Wie die Körpersprache ohne Worte spricht, kann auch eine Zeichnung ohne Worte sprechen und dem Zeichner neue Aspekte seines Seins enthüllen.
 

Ein inniger Kuss verbindet diese beiden Menschen: Die Arme halten sich zärtlich. Alle Auferksamkeit wendet sich dem Gegenüber zu.
 
eine  künstlerischen Darstellung inniger Nähe
 
Die Augen sind geschlossen, die zwei Küssenden geben sich hin und die Arme umfassen sich zärtlich.
Auch in den therapeutischen Zeichnungen kommt der Kuss als Symbol vor. Er kann - wie hier zu sehen - etwas Positives, aber auch etwas Konfliktbehaftetes oder Negatives verkörpern.
 
 
Ich kann nicht zeichnen!
 
Eine der ersten Anmerkungen, wenn ich therapeutisches Zeichnen in der Praxis als ergänzenden Therapieansatz vorschlage, ist 'Ich kann nicht zeichnen'. Damit ist gemeint, es muss etwas künstlerisch Hochwertiges dabei herauskommen. Dem ist aber gar nicht so:
Es reicht im therapeutischen Zeichnen, dass eine gegenständliche Skizze herauskommt – ob die nun von einem Künstler sehr ansprechend in einer Stunde gezeichnet ist oder von einem Durchschnittszeichner sehr einfach in zehn Minuten, ist dabei ohne Bedeutung.
Vielmehr kommt es auf bestimmte Schwerpunkte an.
Ähnlich wie bei der  Gestalttherapie oder dem Familienstellen sind in der Zeichenaufgabe "Zeichne deine Familie und jeder soll etwas tun" oft Beziehungen der dargestellten Personen untereinander zu erkennen, die uns gar nicht so bewusst sind.
Unter Beziehungen wird hier jede Form von Kontakt verstanden – also zum Beispiel Anziehungen und Ausgrenzungen, Nähe und Ferne, Zuneigungen und Ablehnungen, Liebe und Hass.
Die Zeichnung spricht zu dem Klienten und dem Therapeuten von einer anderen Ebene her – nämlich dem Unbewussten.
 
 
Brennpunkte
 
In jeder Zeichnung, so einfach sie uns auf den ersten Blick auch erscheinen mag, gibt es Schwerpunkte oder besser Brennpunkte. In einem solchen Brennpunkt fokusiert sich ein bestimmter Aspekt.
 
Zum Beispiel erstellte eine Klientin in der Zeichnung ihr häusliches Ambiente: Alle Räume waren schön zu sehen und auch andere Mitglieder ihrer Familie und ebenfalls die Klientin selbst. Aber sie hatte "vergessen", sich den Boden unter ihre Füße zu zeichnen und schwebte oder hing förmlich in der Luft.
Darauf angesprochen war es nun leichter, das Thema "Wo stehe ich im Leben und wie fest stehe ich auf dieser Erde?" anzugehen. Es lag ja schwarz auf weiß vor uns, dass unter ihren Füßen sich ein Loch auftut.
 
Andere Brennpunkte können zum Beispiel sein: Achsen in einer Zeichnung, Bewegungen der dargestellten Personen, Farbauswahl, alles Zählbare und sogenannte archaische Symbole, die wir alle von klein auf kennengelernt haben.
 
 
die Deutung
 
Eine Zeichnung wird gemeinsam mit dem Klienten besprochen. Dabei legt der Berater oder Therapeut seinen Klienten nicht auf eine bestimmte Deutung fest. Dem Klienten werden Aspekte, die sich in dem Bild zeigen, angeboten und im gemeinsamen Gespräch wird dann  herausgefunden, ob der Klient sie wiedererkennt und was das für ihn bedeutet. Es wird klientenzentriert gearbeitet.
Oft zeichnet sich der Klient tiefere Botschaften für seinen eigenen Weg und gelangt so zu einer umfassenderen Sehweise auf seine Situation.
 
 
der Ablauf einer Sitzung mit einem Klienten
 
Zu Beginn zeichnet der Klient selbstständig seine ihm wichtige Situation. Der Berater oder Therapeut ist im Raum anwesend und hilft mit kurzen Tipps, wenn nötig. Dem Klienten wird empfohlen, Menschen und Objekte gegenständlich zu zeichnen.
 
Künstlerische Fähigkeiten sind überhaupt nicht vonnöten. Es geht vielmehr um das szenische Erfassen eines Konfliktes oder Problems.
Anschließend wird in einem gemeinsamen Gespräch zwischen Klient und Berater oder Therapeut die Zeichnung besprochen.
 
 
ein Beispiel
 
Im nachfolgenden Bild scheinen beide Partner einen gleich großen Anteil an dem gemeinschaftlichen Lebensraum zu besitzen. Eine Diagonale teilt das Bild von links unten nach rechts oben in zwei Dreiecke. Der Mann sitzt in einem grünen Stuhl und liest. Die Frau fährt auf der Diagonalen Fahrrad. Fast scheint es eine Art Hochseilakt zu sein.
Sein Kopf überragt die Trennlinie, ihr Kopf ist nicht zu sehen. Zwischen beiden steht ein Herz.
 


 
Das Bild ist ein Blick auf die Beziehung aus der Sicht des Mannes: Er ist der Zeichner seiner Beziehung und hat sich und seine Partnerin wiedergegeben. Sein Kopf - symbolhaft oft als Stellvertreter für den Geist, den Verstand oder  die Ratio verwendet - ist vorhanden. Ihrer hingegen fehlt.
Auf der geistigen Ebene scheinen beide Partner zu differieren. Hier liegt ein Hinweis auf Differenzen vor.
 
 
Ein auffälliges Herz zeigt die emotionale Nähe zwischen beiden. Es scheint sich hier um einen zentralen und vielleicht auch stabilisierenden Bereich in der Beziehung zu handeln.
Im Handlungsbereich hat jeder sein eigenes Tun. Gibt es für beide auch ein gemeinsames Tun zwischen Hochseil-radfahren und Lesen?
Wenn der Klient durch die akzeptierende, wertschätzende und ehrliche Art des Beraters oder Therapeuten unterstützt, seine Muster des Denkens, Fühlens und Verhaltens besser erkennt, bahnt sich Veränderung oder Modifikation des eigenen Verhaltens an.
Es kommt zu einem seelischen Wachstum.
 
 
Auszug aus den Unterrichtsthemen
 
gemeinsam mit dem Klienten die Ausgangsfrage formulieren
Wirkmodell
gute Bedingungen für das Zeichnen
Brennpunkte wie Form, Farbe, Bewegung,
Zählbares, archaische Symbole
zahlreiche Übungen zur Selbsterfahrung
Deutungen gemeinsam in der Gruppe
 
 
Modalitäten  
 
Die Zahlung ist bis spätestens zwei Wochen vor Kursbeginn zu tätigen und gilt  als Anmeldung. Der Eingang der Zahlung entscheidet bei begrenzter Platzzahl über die Teilnahme.
Sollte der Kurs voll sein oder nicht zustande kommen, wird die schon gezahlte Kursgebühr komplett zurückerstattet. Ein weiterer Anspruch an die Schule besteht nicht.
 
 
Dozent
 
Hp Hajo Oldenbruch